Dante Gabriel Rossetti

1828 – 1882           Großbritannien

 

In Übersetzungen von

Willi Schantel

 

 

 

Lady Lilih

 

Vor Eva war er mit Lilith vermählt,
man sagt von ihr, die eine Hexa war:
das erste Gold, das war ihr Flammenhaar
die erste Lüge, die hat sie erzählt.

Die Welt wird alt, sie nicht, sie sitzt, betört
- schlau in sich ruhend- , mit Gewirk aus Licht,
die Männer, lockt sie zu sich her und flicht
sie ein, bis Geist und Leben ihr gehört.

Ihr Schmuck sind Mohn und Rosen; gibt`s den Mann
und wo? Lilith der deinem süßen Duft,
dem Kuss, dem Schlaf je widerstehen kann?

Und wenn dein Flammenblick den Jüngling ruft
beugt der sich dir und deinem Zauberbann
sieht nur dein goldnes Haar und nicht die Gruft.

 

 

 

 

Der Apfelbaum beschattet ihre Laute,
flirrende Finger weben einen Bann,
die Melodie rauscht auf und lockt heran
den Seevogel vom Meer ins Unvertraute.

Was neigt ihr Haupt sich, welche Laute
der Anderswelt hört sie als Echo dann
von welcher Nebelbucht, welchem Gewann
vom Wind der See, die dort die Flüsse staute?

Sie lässt in eigener Magie sich treiben,
wen wird ihr Singen in der Tiefsee wecken,
wer wird sich nach den Zauberrunen recken,

die sich in dunkle Meeresstrudel schreiben,
bis sich des Schiffers Schicksal schwer erfüllt
an nacktem Fels, an dem die Brandung brüllt.